Wolfgang Pohrt – Nachwort zum Vortragsabend

Anlässlich des Todes von Wolfgang Pohrt hatten wir am 11.04.2019 unter anderem Klaus Bittermann, dessen Verleger und langjährigen Weggefährten, eingeladen, einen Abend in Gedenken an Wolfgang Pohrt zu begehen. In seinem kurzen Vortrag erläutert Klaus Bittermann einige Motive der Pohrtschen Kritik. Sowohl die Anmoderation als auch die anschließende Diskussionsrunde drehten sich dabei unter anderem um die Frage, welche Bedeutung jene Kritik für eine Redaktion wie die unsrige noch haben kann – oder auch muss.

Als Redaktion antideutsch.org sind wir vor gut einem Jahr mit dem Ziel zusammengekommen, als Infoportal verschiedene antideutsche und kommunistische Formen der Intervention zu dokumentieren und neu aufzubereiten. Natürlich war Wolfgang Pohrt von Anfang an auch ein Referenzpunkt, an dem wir uns orientierten. Vor allem aber die dabei sich ständig neu aufdrängende Feststellung, dass die kritikwürdigen Gegenstände einem als überwältigende Katastrophe gegenübertreten und einen dazu bringen, sich wie der Engel der Geschichte in Walter Benjamins geschichtsphilosophischen Thesen zu fühlen, ließ das Werk Wolfgang Pohrts um so bedeutender erscheinen.

Dass gerade diejenige politische Bewegung, die mit dem Ziel antrat, die kritikwürdigen Zustände zu beenden, selbst konservierender Teil dieser Zustände wurde, ist konstitutiv für eine antideutsche Kritik, die sich nicht vom kategorischen Imperativ Marxens lösen will und ihre Gegenstände auch heute noch an diesem misst. Dabei werden die gesamten Geschmacksrichtungen der Linken (auch und gerade als Ex- oder Post-Linke) als Zombies erkennbar, als Ansammlung von Untoten, die dem fortschreitenden Prozess des automatischen Subjekt als Selbstverwertung des Wertes hinterher marschiert und sich dabei noch als handelndes Avantgarde-Subjekt denkt.

Vor allem Wolfgang Pohrt benannte die stille Übereinkunft der Linken mit diesen Zuständen. Sein Handwerk wurde die Denunziation, weil jede andere Form der Auseinandersetzung schlicht unsachlich gewesen wäre. Am 21.12.2018 verstarb er. Seine kritische Stimme wird fehlen. Umso mehr ist es die Aufgabe seiner Freunde & Freundinnen, seiner Genossen & Genossinnen und seiner Leser & Leserinnen, ihm ein würdiges Andenken zu bereiten und an der Schärfe seiner Gedanken festzuhalten. Ein Teil der an dem Vortragsabend angefertigten Audiomitschnitte steht mittlerweile auf der Internetarchivierungsplattform archive.org zum Herunterladen zur Verfügung.