Zweiklassengesellschaft zum Frauentag

Zum Weltfrauentag liefert das OAT Konstanz eine saftige Kritik an der laschen Praxis der Konstanzer Frauenrechtlerinnen, die es wagen, diesen Tag nicht aufrecht kämpfend zu verbringen: es sollen Rosen verteilt werden, es wird zum Brunch geladen. Nach dem Geschmack der auf politische Aktion getrimmten Patriarchatsgegner aus Konstanz viel zu wenig am Frauenkampf(!)tag. Sie sollen auf Linie gebracht werden, schließlich ist der Gegner kein geringerer als der „weltweite” Männerbund, für den härtere Geschütze aufgefahren werden müssen:

„Um diesem Problem tatsächlich entgegenzutreten, müssen Männer als Nutznießer des Patriarchats und als Täter von Gewalt gegen Frauen* benannt und kritisiert werden. Gewalt gegen Frauen* entsteht nicht aus dem Nichts, sondern ist Produkt einer strukturell frauenunterdrückenden Gesellschaft. Diese findet sich nicht etwa erst hinter den Grenzen der bürgerlich-demokratischen Wohlstand[s]gesellschaften, sondern prägt unser Leben auch in Konstanz Tag für Tag. Ohne organisierte Aktionen eines feministischen Widerstandes gegen Sexismus und Patriarchat, ohne Frauen*, die für ihre Rechte einstehen und kämpfen, ohne politische Forderungen bleiben Veranstaltungen wie die in Konstanz rein symbolische Akte ohne Folgen. Zum Frauen*kampftag zelebrieren wir einen Feminismus, der das Problem der Gewalt gegen Frauen* an den Wurzeln packt, mit traditionellen Rollenbildern vollständig bricht, die Täter klar benennt und anklagt und der eine befreite Gesellschaft ohne einengende Geschlechtsidentitäten und Patriarchat fordert.”

Wir nehmen dieses Anliegen ernst und kommen der Forderung nach dem Benennen der Täter nach. Um die gewalttätigen Männer, die sich schnell in ihrer Ehre gekränkt fühlen, zu finden, müssen wir durchaus die Grenzen dieses bürgerlich-demokratischen Staates nicht verlassen, nicht einmal das Bundesland müssen wir verlassen. In Laupheim bei Ulm sollte letzte Woche ein junges Mädchen hingerichtet werden; ihr Bruder, ein islamistischer Gefährder und ihr nach islamisch-patriarchaler Heirat aufgezwungener Ehemann sahen sich durch sie in ihrer Ehre verletzt. Die 17-jährige Alaa W. wollte ein selbstbestimmtes Liebesleben führen und wurde zur Ehebrecherin, was nach islamischem Recht den Tod bedeutet. Sie überlebte nur knapp die brutale Attacke.
Nicht nur auf der „individuell-persönlichen Ebene” wurde hier im Namen des Islam Gewalt ausgeübt. Die Tat überbringt gleichzeitig eine Warnung an alle Mädchen und Frauen in streng islamischen Familien, nicht Reißaus zu nehmen – einem sittlich islamisches Leben als Gebärmaschine sollen sie sich beugen.

Nun könnte leicht der Eindruck entstehen, diese Zustände wären ebenfalls gemeint, wenn das OAT davon spricht, dass „Männer eher zu Aggression und Gewalt als Mittel [neigen]. Dies kommt besonders dann zum Tragen, wenn sie sich in ihrer männlichen Ehre angegriffen fühlen.”

Doch ein konkretes Anklagen islamischer Scheußlichkeiten bleibt aus, man flüchtet sich lieber schnell in sichere Gewässer und bemängelt das erst (!) 100 Jahre alte Wahlrecht. Anstatt dieses als eine der wichtigsten Errungenschaften bürgerlicher Emanzipation zu begrüßen und dieses im Sinne eines universalen Feminismus für alle Frauen weltweit einzufordern, erfolgt nur der schwammige Verweis auf die überall auf der Welt gleichermaßen unterdrückten Frauen.
Insgesamt liegt hier also eine Kritik vor, welche man ohne Umstände in den Kommentaren der Tagesschau und diversen Zeitungen finden kann und für die man wahrlich nicht den Text des OAT lesen muss.

Die Ehrenmorde, die Degradierung der Frau zum Besitz eines Mannes, ja die wirklich brutalsten Formen der Frauenunterdrückung, welche in der Community des Alltagsislams Normalität sind, werden nicht angesprochen.
Wer einen ernstzunehmenden Feminismus vertreten möchte und sich solidarisch gegenüber Frauen zeigen will, die unter patriarchalen Strukturen leben müssen, der sollte davon nicht schweigen.

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Alle Zitate: http://oatkn.blogsport.de/images/GewaltgegenFrauen_OATKN.pdf

Liste der in Deutschland verübten Ehrenmorde: http://www.ehrenmord.de/doku/2017/doku_2017.php

Ehrenmordversuch in Laupheim: http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/laupheim-maedchen-nach-versuchtem-ehrenmord-ausser-gefahr-15477837.html