Nachruf auf einen Kritiker

„Wenn ich akademisch veranlagt wäre, würde ich in einem meiner nächsten Vorworte schreiben: Bezüglich des Nationalismus verweise ich auf das großartige Buch von Joachim Bruhn, Was deutsch ist. Zur kritischen Theorie der Nation.“ – Johannes Agnioli1

„Adornos Messer bestimmt den Wahrheitsgehalt des Materialismus, indem jede Marxismusdefinition abgeschnitten und verworfen wird, die nicht systematisch den Drei Quellen des Marxismus (so Lenin) verpflichtet ist. Verwerfe also, so der Imperativ, jede akademische „Rekonstruktion“ und jedes Bemühen um einen „authentischen“ Marxismus, die einzig auf die Philosophie des deutschen Idealismus und auf die englische Nationalökonomie rekurriert, den frühen Kommunismus, den Kommunismus des proletarischen Naturrechts dagegen ausschließt und als utopisch, d.h. vorwissenschaftlich verbannt. Denn weder die „freie Assoziation“ noch der „kategorische Imperativ“, weder Begriff noch Sache der Kritik lassen sich aus Hegel oder Smith herleiten, sondern vielmehr aus Babeuf, Buonarotti, Weitling, Dézamy, Bakunin, Fourier, aus eben dem Sozialismus, den der „wissenschaftliche“ des ML als „utopisch“ abtat.“ – Joachim Bruhn2

Wir trauern um den am 28. Februar 2019 verstorbenen Joachim Bruhn.

Auch wenn er ein auf den ersten Blick ein durchaus beschauliches Werk hinterlässt – ein Buch als Autor, drei als Herausgeber – prägte er doch über Jahrzehnte vieles von dem, was wir mit dem Begriff einer „antideutschen Kritik“ in irgendeiner Form assoziieren. Dies lässt sich ohne einen einzigen Vorbehalt bekennen. Das ganze Vorhaben dieser Seite steht in der Tradition seines Denkens.

Egal ob in seiner Kritik des Kapitals – die sich immer dem Theoretisieren verweigerte –; in seiner Staatskritik – die gerade aus der Ablehnung jeder Staatlichkeit die Parteinahme für die zionistische Sache begründen konnte –; seine Kritik des Antisemitismus – ohne diese wäre jede Kritik an Staat und Kapital halbherzig zu nennen ist; seiner Kritik an der Nation – als fetischisiertes Bewusstsein des vom Staates –; oder seiner Kritik an sämtlichen linken Fetischen – die bis zu letzt vehement an der Notwendigkeit einer Revolution festhielt – Joachim Bruhn verweigerte sich jedem Kompromissen mit der Herrschaft und ihren Denkformen.

Stets beharrte er darauf, dass der Materialismus sich erst mit der Abschaffung aller Verhältnisse „in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist“3 bewahrheiten könnte.

Es bleibt die Aufgabe seiner Freunde und Genossen, sein Denken in Ehren zu halten und fortzuführen. Wir verweisen an dieser Stelle auf die bald erscheinende Neuauflage seines Buches,4 auf seine vom ISF dokumentierten Beiträge,5 und auf zahlreiche Audiomitschnitte seiner Vorträge.6

In stiller Trauer blättern wir ein letztes Mal in der Apotheken Umschau und fordern lautstark die Abschaffung des Todes,

Redaktion antideutsch.org

1Aus Die Zerstörung des Staates mit den Mitteln des Marxismus-Agnolismus. Johannes Agnoli im Gespräch mit Joachim Bruhn in: Sans Phrase, Heft 13, Herbst 2018.

2Aus Joachim Bruhn: Adornos Messer: http://www.kritiknetz.de/images/stories/texte/Adornos_Messer.pdf

3Aus Karl Marx: Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung: http://www.mlwerke.de/me/me01/me01_378.htm

4Siehe: https://www.ca-ira.net/verlag/buecher/was-deutsch-ist/

5Siehe: https://www.ca-ira.net/verein/positionen-und-texte/

6Siehe: http://audioarchiv.blogsport.de/tag/joachim-bruhn/