Antitresen #1: Was heißt antideutsch heute?

Kneipen-Abend von Solarium – kommunistische Gruppe Bremen
& Vorstellung & Lesung aus DISTANZ MAGAZIN #5.

Antideutsches Denken, sofern dieser Denkstil sich überhaupt fassen lässt, einst mit dem richtigen Anspruch angetreten, mit israelbezogenem Antisemitismus, regressiver Kapitalismuskritik und ahistorischem Marxverständnis von Traditions- und Bewegungslinken zu brechen, war mit einer Kampfansage an Deutsche Ideologie verbunden. Es scheint heute jedoch nur noch zu einer blanken Verteidigung der Wertakkumulation fähig zu sein. Die Rede von der ›Aufklärung‹, den ›westlichen Werten‹ und der ›Zivilisation‹, die man doch gegen allerlei postmoderne Zivilisationsmüdigkeit hoch zu halten gewillt ist, erweckt den Eindruck bloßen Jargons und muss das Existenzialurteil kritischer Theorie, nämlich, dass man es mit einer falsch eingerichteten Gesellschaft zu tun hat, zusehends stärker ausblenden. Statt dessen nimmt man die Spiegelfechterei um Links- und Rechtsantideutsche als Identitätsangebot dankend auf und ist längst so deutsch, dass man sich zur Apologie der AfD und der Nation hinreißen lässt. Das Kapitalverhältnis kann man vor lauter Koran-Exegese nicht mehr erkennen, sondern lässt sich lieber von den Verhältnissen traditionslinker Provenienz dumm machen. In Anlehnung an den programmatischen Text Stephan Grigats von 2007 fragt das Distanz-Magazin deshalb: Was ist antideutsch heute?

Zusammen mit der Redaktion des Distanz Magazins, haben wir die Redaktion Antideutsch.org und Mitglieder der Gruppe zwischen Tür und Angel eingeladen, die jeweils ihre Texte vorstellen.

Redaktion Antideutsch.org:
Antideutsch, das ist die Notwendigkeit die kommunistische Kritik nach dem Ende der Nachkriegszeit unter einer veränderten Weltlage erneut zu formulieren. Das Wörtchen „antideutsch“ betont die besondere destruktive Aufgabe einer kommunistischen Kritik, all die zur Farce geronnen Devotionalien der linken Tragödien wegzuschaffen und in aller Radikalität auf den kategorischen Imperativ Marxens zu beharren und dabei zu keiner Zeit die drohende deutsche vulgo negative Aufhebung des Elends aus den Augen zu verlieren.

Gruppe zwischen Tür und Angel:
Um zu unterscheiden, wann die Wahl zwischen schlechten Alternativen zurückzuweisen ist und wann die Zurückweisung der Alternativen ihrerseits auf schlechte Äquidistanz hinausläuft und dann eben doch Parteilichkeit angebracht wäre, ist politische Urteilskraft gefragt. »Dialektisch zugleich und undialektisch«91 – diese ihrerseits zur Floskel gewordene Anforderung an die Kritik ist auf eine solche Urteilskraft stets angewiesen. Sie gebietet die Solidarität mit Israel als dem größten anti-antisemitischen Projekt, das es jemals gab.

Anschließend an die Diskussion möchten wir auch noch einladen bei uns auf einige Getränke zu verweilen und laden recht herzlich zu einem – auch außerhalb des Themas liegenden – Austausch ein.

Wir behalten uns das Recht vor autoritären Charakteren jeglicher Art den Eintritt zu verwehren.

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